Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne.
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
So ist es selbstverständlich auch, wenn eine neue Regierung ihre Arbeit aufnimmt. Das ist gut so, das soll so sein und wir wünschen der neuen Regierung, dass dieses zauberhafte Gefühl, das Sie heute spüren und versprühen, noch lange anhält. Dass sie mit Elan und Tatendrang die Herausforderungen angehen; ja, und dass sie für das Saarland erfolgreich sind.
Ich erlaube mir allerdings, den Anfang dieses Gedichts „Stufen“ von Hermann Hesse zu zitieren:
Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,
Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.
…Und darf nicht ewig dauern….
Eine Erkenntnis, die man sich, auch und gerade in der Politik, bewusst machen muss: Zur Demokratie gehört auch der Regierungswechsel und wenn dieser Prozess für uns als Union gerade sehr schmerzhaft ist, tröstet uns dennoch die Zuversicht, dass auch ihre Regierungszeit nicht ewig dauern wird.
Bis dahin nehmen wir unsere Oppositionsrolle an und bieten Ihnen eine konstruktive Zusammenarbeit an. Das heißt für uns, mit Ihnen um den richtigen Weg ringen – oder wie Sie es formuliert haben, Frau Ministerpräsidentin, in einen Wettstreit der Argumente treten, hier im Plenum und in den Ausschüssen. Aber auch, um für grundsätzliche Fragen gegebenenfalls eine notwendige Zweidrittel-Mehrheit zu ermöglichen. Bei unsrem Jubiläum 75 Jahre Saarverfassung haben wir uns bereits gemeinsam vorgenommen, in dieser Legislatur eine Verfassungskommission ins Leben zu rufen. Dabei sollte zum einen eine Präambel erstellt, aber auch neue gesellschaftliche Entwicklungen in unsere saarländische Verfassung Einzug erhalten: Nachhaltigkeit, Ehrenamt oder Klimaschutz – um drei wichtige zu nennen.
Die Tatsache, dass Sie nun allein regieren können, macht diese Arbeit nicht unnötig – ganz im Gegenteil. Hier sollten Sie die ausgestreckte Hand ergreifen.
Und wenn Sie es ernst meinen mit ihrer „Koalition der Verantwortung mit den Saarländerinnen und Saarländern“, darf ich an die Tholeyer Erklärung der CDU-Fraktion von 2019 erinnern:
Partizipation, Bürgerbeteiligung – Themen, die Sie heute angesprochen haben, könnten wir schon umgesetzt haben. Allerdings hatten wir bisher eher den Eindruck, die SPD leidet diesbezüglich unter einer Phobie. Jedenfalls wollten sie von unseren repräsentativen Bürgerforen bisher nichts wissen. Umso schöner, wenn sie gesellschaftliche und parlamentarische Debatten nun zu ihrem Programm machen wollen.
Allerdings hat mich ein Satz in ihrer Regierungserklärung aufgeschreckt und irritiert. Nämlich folgenden Satz:
„Wer bei mir Führung bestellt, (…) wird aber auch Beteiligung bekommen“.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
mit der Führung, die bestellt wurde, ist das so eine Sache. Die wurde ja auch im Bund groß und pathetisch angekündigt. Das Ergebnis ist bekannt: wochenlanges Schweigen und abtauchen, Enttäuschung pur.
Wer Führung bestellt, hat sicherlich nicht Anspruch darauf, dass sofort für alle Herausforderungen die eine richtige Antwort aus dem Hut gezaubert wird.
Aber wer Führung bestellt, kann zumindest erwarten, dass konkrete Vorschläge und Ideen präsentiert werden. Das, geehrte Frau Ministerpräsidentin, sind Sie heute den Saarländerinnen und Saarländern schuldig geblieben.
Diese Regierungserklärung beschränkt sich zum Großteil darauf, von der schönen heilen saarländischen Welt zu schwadronieren. Beschränkt sich darauf, was alles versprochen wird und wünschenswert ist.
Ich will es an einem Beispiel festmachen: Sie führen aus, dass wir 4.000 zusätzliche Pflegekräfte brachen, dass wir gute Arbeitsbedingungen in der Pflege brauchen.
Bei aller Liebe: für diese bahnbrechende, ja revolutionäre Erkenntnis hat sicherlich niemand Führung bestellt.
Führung bedeutet aber zu sagen, was konkret macht die Landesregierung, um diese Ziele zu erreichen. Wie kriegen wir 4.000 neue Arbeitskräfte in der Pflege mit besseren Arbeitsbedingungen?
Es fehlt, und das zieht sich wie ein roter Faden durch die gesamte Regierungserklärung, ein Konzept, Ideen und konkrete Antworten zur Umsetzung; gezielte Antworten, wie die Herausforderungen angepackt und die Ziele auch erreicht werden sollen.
Allein zu beschreiben, was alles toll wäre, ist noch lange keine Führung, Frau Ministerpräsidentin. Das sind lediglich Floskeln, Worthülsen.
Ich hoffe also im Interesse des Saarlandes nicht, dass sie mit diesem abgewandelten Olaf-Scholz-Zitat auch dessen zögerlichen Führungsstil übernehmen wollen. Wer dort nämlich Führung bestellt hat, muss warten, bis der Kanzler wieder aus seinem Schneckenhaus kriecht…
Und zumindest wir Saarländerinnen und Saarländer haben keine Zeit zu verlieren, wenn wir die Herausforderungen meistern wollen.
Frau Ministerpräsidentin, Sie haben den Strukturwandel als eines der zentralen Themenfelder in Ihrer Regierungserklärung hervorgehoben. Hierbei kann ich Ihnen nur zustimmen. Der strukturelle Wandel einer Region stellt Politik, Kammern, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände vor jeweils unterschiedliche Herausforderungen. Genau diesen Herausforderungen hat sich die CDU-Fraktion im Saarländischen Landtag in den letzten Jahren und Jahrzehnten mit einer wohl überdachten und ausgewogenen regionalen Innovations-, Mittelstands- und Strukturpolitik gestellt und hat insoweit einen wichtigen Beitrag zu einem gelingenden Transformationsprozess geleistet.
Umso mehr erstaunt es mich, dass sie an dieser Stelle keinerlei Konzepte bzw. Gegenmaßnahmen vorstellen, wie Sie dem Strukturwandel in den kommenden Jahren konkret begegnen wollen. An dieser Stelle wird auch die Einrichtung eines Strukturwandelkabinetts – zusätzlich zur ohnehin bereits bestehenden Geschäftsstelle der Strukturwandelinitiative Saar – keinen merklichen Mehrwehrt erbringen. Vielmehr ist es ein Ausdruck von Konzept- und Ideenlosigkeit, die sich das Saarland an dieser Stelle nicht leisten kann.
Wie heißt es doch so schön: „Mancher lehnt eine gute Idee bloß deshalb ab, weil sie nicht von ihm ist.“
Wir als CDU-Fraktion im Saarländischen Landtag haben mehrfach versucht die Einstiegsbarrieren für Start-ups abzubauen und die Startbedingungen konsequent zu verbessern, um das Saarland zu einem Gründer-Hotspot zu entwickeln. Gerade bei uns im Saarland ließe sich eine One-Stop-Shop-Lösung, ein alles aus einer Hand-Konzept, ohne weite Wege, problemlos umsetzen. Leider war ein solcher Antrag mit der SPD in der vergangenen Legislaturperiode nicht umsetzbar.
Auch die Staatskanzlei unter Führung von Tobias Hans hat die Bedeutung der Start-up-Förderung bereits frühzeitig erkannt und den sog. Saar-Tech-Cycle und die damit verbundene Idee vorgestellt. Einen Fonds für die Wachstumsphase junger Unternehmen.
Zudem freut es uns ungemein zu hören, dass Sie das Jahrzehnt der Investitionen fortsetzen wollen, also genau die Politik fortsetzen wollen, die durch die CDU-Fraktion ins Leben gerufen wurde. Nur so kann sich das Saarland zu einer Chancenmanufaktur entwickeln; ganz im Gegensatz zu dieser Regierungserklärung, die in weiten Teilen wie eine Phrasenmanufaktur erscheint.
Zu einem gelingenden Strukturwandel gehört auch die Wettbewerbsfähigkeit der saarländischen Industrie und hier insbesondere der saarländischen Stahlindustrie aufrecht zu erhalten. Auch wenn sie zu Beginn Ihrer Erklärung kurz angedeutet haben, am heutigen Tage lediglich drei große Herausforderungen anzusprechen, so muss an dieser Stelle doch eine Tatsache deutlich angesprochen werden. Die saarländische Stahlindustrie mit ihren mehr als 10.000 Beschäftigen zählt, neben der Automobilindustrie, zur DNA unseres Landes. Ein bloßes Lippenbekenntnis, dass das Saarland ein Herz aus Stahl hat, greift an dieser Stelle viel zu kurz und wird den anstehenden Herausforderungen in diesem so wichtigen Industriezweig in keiner Weise gerecht.
Darüber hinaus stellen 400.000 gute und soziale Arbeitsplätze, gerade vor dem Hintergrund, dass bereits vor Corona mehr als 396.000 Arbeitsplätze vorhanden waren, keine wirklich ambitionierte Zielsetzung dar. Dass bestehende Arbeitsplätze möglichst erhalten werden sollen, sollte in diesem Zusammenhang eine Selbstverständlichkeit sein. Letztlich muss sich Ihre Arbeit letztlich aber auch an dieser Marke messen lassen.
Wir vermissen in Ihrer Regierungserklärung die im Wahlprogramm der SPD angekündigte absolute Priorität der Investitionen in Bildung. Vollmundig wurde die Einrichtung eines „Zukunftsvermögen Bildung“ versprochen, um die zusätzlichen Ausgaben für Bildung in der Zukunft zu finanzieren. Davon ist Ihrer Regierungserklärung nichts mehr zu hören.
Genauso wenig sind Aussagen über die Qualität der Bildung zu finden.
Dies fängt schon bei der frühkindlichen Bildung an.
Eltern wurde vor der Wahl eine gebührenfreie Bildung von Anfang an versprochen, komplette Abschaffung der Elternbeiträge für die Kitas. Heute sprechen Sie nur noch von der stufenweisen Abschaffung der Beiträge, ohne die jeweiligen Schritte wirklich transparent zu benennen, wann kommt welche Stufe?
Die Abschaffung der Kita-Beiträge ist richtig und wichtig, aber mindestens genauso wichtig, dass nicht nur der Geldbeutel von Laura, Ben und Yussufs Eltern profitiert. Uns als CDU war und ist wichtig, dass die Kinder direkt profitieren müssen, und zwar von höchster Betreuungsqualität: Senkung der Gruppengrößen, bessere Personalisierung unter anderem durch ein Springersystem – nur dann mehr Zeit und bessere Bildungsarbeit für unsere Kleinsten.
Diese Maßnahmen sind dringend notwendig, da wir heute eine Zunahme an verhaltensauffälligen Kindern oder von Kindern mit starken Sprachdefiziten verzeichnen, die sehr viel mehr individuelle Förderung brauchen. Wir hätten uns gewünscht, dass Sie wenigstens den Aufbau einer Erzieherreserve analog der Lehrerfeuerwehr ankündigen, so wie es die CDU vorgeschlagen hat, um unseren Kindern besser gerecht zu werden und ihnen eine bessere Förderung zukommen zu lassen, damit sie überhaupt wirklich schulreif die Kita verlassen.
Das gleiche setzt sich in der Schulpolitik fort: Wir vermissen in Ihrer Regierungserklärung die dringend notwendigen Qualitätsmaßnahmen, um unsere Schüler/innen überhaupt erst ausbildungsreif zu machen, um sie studierfähig zu machen, weil die Anforderungen in unserer Gesellschaft in den letzten Jahren so rasant gestiegen sind.
Diese gestiegenen Anforderungen machen es notwendig, dass wir unseren Schüler/innen mehr Zeit geben müssen, um die jeweiligen Bildungsziele zu erreichen. In allen Schulformen bedarf es dazu mehr an Qualität im Hinblick auf Grundfertigkeiten wie Lesen, Rechnen und Sprachvermögen, in den weiterführenden Schulen die Mehrsprachigkeit – heute schon fast eine Selbstverständlichkeit in unserer Gesellschaft – , mehr und bessere Ausbildung in Mint, den gesamten naturwissenschaftlichen Fächern, in Informatik, Digitalisierung, Medienerziehung usw., um der rasant fortschreitenden technologischen Entwicklung der letzten Jahre gerecht zu werden.
So sprechen Sie nur von der Chancenmanufaktur in der Bildung: klingt super. Ich wäre aber schon froh gewesen, wenn Ihre Bildungsministerin in der Vergangenheit den DigitalPakt Schule mal angefasst, geschweige denn mit Herz und Verstand umgesetzt hätte.
Denn den Turbo in der Digitalisierung der Bildungslandschaft haben wir bereits mit einem Millionenpaket in der letzten Legislatur gestartet. Die Tablets SIND weitgehend in den Schulranzen. Aber dort müssen sie raus und an allen Standorten auch in eine sinnvolle aktive Nutzung kommen. Dabei müssen Schulen und Lehrkräfte besser unterstützt werden.
Bis heute fehlt ein Konzept und ein Fahrplan zur Umsetzung des angekündigten Ausbaus der digitalen Bildung.
Wie werden die Tablets für alle Schüler/innen finanziert, wann kommen sie, welchen Beitrag müssen in der versprochenen gebührenfreien Bildung von der Kita bis zum Meister dann doch die Eltern für die Tablets ihrer Kinder zahlen?
Ich wünsche mir und sicherlich auch die Saarländerinnen und Saarländer eher eine Ideen- und Antwortmanufaktur. Und dann eben eine starke Führung, die aber auch loslegt, die aktiv gestaltet, die sofort umsetzt, statt die Probleme nur zu beschreiben.
Wir haben das Bekenntnis zu ALLEN Schulformen vernommen. Prima, weil Kernüberzeugung der CDU. Daran werden wir sie auch messen. ALLE Schulformen brauchen ein klares Profil und müssen sich weiterentwickeln können. Gerade bei dem Weg zum neunjährigen Gymnasium muss gewährleistet sein, dass Gymnasien, Gemeinschaftsschulen und berufliche Schulen als EIGENSTÄNDIGE Schulformen wertgeschätzt und qualitativ gestärkt werden.
Klar ist für uns dabei immer: Schulen sind in erster Linie Bildungseinrichtungen. Multiprofessionalität muss ausgebaut werden, wir brauchen verschiedene Professionen in der Bildungslandschaft, aber wir können auch nicht alle gesellschaftlichen Unterstützungssysteme in die Schulen stecken und Schule so überfrachten. Dafür stehen wir auch in Zukunft.
Unsere Hochschulen haben sich in den letzten Jahren sehr gut entwickelt. Sowohl in der Lehre als auch in der Forschung. Für die Zukunft des Saarlandes wird es wichtig sein, die drei universitären Schwerpunkte Informatik, Nano-BioMed und Europa auszubauen.
Und gerade bei Europa fällt auf, dass das Thema Frankreichstrategie in der Bildung von Kita bis Hochschule keine Rolle spielt.
Das wäre fahrlässig.
Sehr geehrte Damen und Herren,
Neben dem Frieden und der Sicherheit in Europa sollte insbesondere aber auch die innere Sicherheit ein zentrales Anliegen unserer neuen Landesregierung sein.
Trotz der herausragenden Wichtigkeit dieses Themas habe ich in der Regierungserklärung der Ministerpräsidentin hier ganz konkrete Aussagen vermisst. Auch wenn Sie, Frau Rehlinger, angekündigt haben, dass Sie heute insbesondere drei andere große Herausforderungen beleuchten wollen, erscheint mir ein einziger Satz zu Ihren Bestrebungen im Hinblick auf die Sicherheit und Ordnung in unserem Land doch der Wichtigkeit dieses großen Feldes nicht würdig.
„Konkret“ – haben Sie in Ihrer Rede gesagt – wollen Sie „die Polizeipräsenz in jeder Kommune und mehr Personal in der Fläche sichern“. Hier habe ich jedoch deutlich konkretere Schlagworte, mit welchen die SPD vor der Landtagswahl für sich geworben hat, vermisst – deutlich konkreter hieß es im Wahlkampf nämlich u.a.: die Zahl der Anwärter und Anwärterinnen werde auf 150 und die Anzahl der Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten werde insgesamt auf 2900 erhöht.
Ich hoffe also – insbesondere für die saarländischen Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten, die tagtäglich in vorderster Reihe für Sicherheit und Ordnung kämpfen -, dass Ihre Versprechen auch entsprechend konkret werden. Dass sie ihren Wahlkampfankündigungen auch Taten folgen und dass die innere Sicherheit in unserem Land einen prominenteren Stellenwert erhalten wird, als ihr in Ihrer heutigen Regierungserklärung mit einem Einzeiler zuteil wurde.
Mehr kommen muss auch beim Thema Energieversorgung. Die Ziele der neuen Landesregierung sind einerseits unrealistisch, andererseits aber auch nicht ambitioniert. Die Schnecke verlässt ihr Schneckenhaus auch beim Thema Energie nicht, um ihren Horizont zu erweitern.
Vorab: Zustimmung gibt es beim Ausbau von Photovoltaik. Hier schlummern enorme Potenziale auf unseren Dächern, sowohl auf privaten als auch auf landeseigenen, die mit besseren Anreizsystemen seitens des Bund und Landes genutzt werden müssen.
Einhergehen mit einem Ausbau der Stromnetze und der Speicherkapazitäten wollen wir alle geeigneten Dachflächen für Photovoltaik nutzen.
Unrealistisch sind bei den Plänen der Landesregierung mehrere Punkte. Das fängt damit an, dass mit einem gleichbleibenden Strombedarf bis 2030 gerechnet wird, dem Schnitt der vergangenen Jahre. Das ist an Naivität nicht zu überbieten und steht konträr zur breiten Meinung der Experten, die mit steigenden Energiebedarfen rechnen.
Unrealistisch ist auch der Ausbau der Windkraft in dem gewünschten Maße. Da wird – wie schon bei der Vorstellung des Energiefahrplans von Anke Rehlinger – mit Zahlen jongliert, die fernab der Realität sind.
Neue Windkraftanlagen im dreistelligen Bereich müssten gebaut werden. Doch wo? Eine Antwort darauf bleibt die neue Ministerpräsidentin uns weiterhin schuldig. Städtische Gebiete kommen hierfür eher weniger in Frage, es verbleibt überwiegend der ländliche Raum. Aktuelle Beispiele dort zeigen, dass es nahezu keine konfliktfreien Flächen und noch weniger Akzeptanz der betroffenen Bevölkerung gibt.
Dialog mit den Betroffenen seitens der SPD? Fehlanzeige, wie die Ereignisse bspw. in Blieskastel und Mandelbachtal zeigen.
Nun will man eine, Zitat:
„Entfesselung, die das sogenannte „Osterpaket“ und weitere angekündigte Novellen der Bundesregierung bringen werden. Beispielsweise werden wir dafür sorgen, dass tatsächlich 2% der Landesfläche für Windenergie genutzt werden.“ – Zitatende.
Was bedeutet das im Endeffekt? Die Flächen – die von Kommunen in langen Verfahren bereits ausgewiesen wurden – sollen auf Teufel komm raus erweitert werden. Die Folge: Noch mehr Flächen in historisch altem Wald sollen für den Windkraftwildwuchs der neuen Landesregierung gerodet werden. Klimaschutz geht aus unserer Sicht anders.
Unambitioniert ist der ausschließliche Fokus auf Solar- und Windenergie. Was in der Regierungserklärung fehlt, aber im SPD-Wahlprogramm steht, ist der geforderte Bau von Gaskraftwerken.
Während uns auf Bundeebene die SPD-Nähe zum russischen Diktator tagtäglich vor Augen geführt wird, hat man hier seitens der SPD Saar immerhin erkannt, dass wir Alternativen zum russischen Gas brauchen.
Doch was sind diese Alternativen?
Hier fehlt es der neuen Regierung offensichtlich an Kreativität und Mut zu neuen Wegen, denn es gibt auch eine erneuerbare Energiegewinnung abseits von Wind und Sonne.
Chancen könnten im Bereich der Geothermie und in der Nutzung von Grubengas, bspw. für Wasserstoff aus Methan, genutzt werden. Der erste Schritt wäre hierfür die von uns geforderte Machbarkeitsstudien.
Um Energie aus anderen Ländern schnell und zuverlässig ins Saarland transportieren zu können, brauchen wir beschleunigte Verfahren beim Ausbau von Leitungen und Trassen. Aussagen dazu? Weder im SPD-Wahlprogramm noch in der Regierungserklärung, dabei ist das Thema für das Thema Energiesicherheit essentiell. Hier müssen Sie dringend das Schneckentempo erhöhen.
Die Kreativität einer Weinbergschnecke zeigt sich auch bei den Verkehrsplänen der neuen Landesregierung:
Bei einem 365-Euro-Ticket können auch wir mitgehen und das Ziel eines kostenlosen ÖPNVs ist auch für uns reizvoll.
Aber der Preis ist leider nur eine Stellschraube für einen attraktiven ÖPNV und sorgt leider für ein Stadt-Land-Gefälle. Dort, wo wir einen attraktiven ÖPNV mit einer guten Taktung haben, werten attraktive Preise den ÖPNV auf. Leider haben wir aber die Situation, dass weite Teile des Saarlandes und insbesondere der ländliche Raum an den Vorzügen eines günstigen ÖPNVs nicht partizipieren können, da schlichtweg das Angebot fehlt.
Wenn ich auf dem Weg zur Arbeit pro Wegstrecke über 2 Stunden gegenüber 30 Minuten mit dem Auto brauche, keine Taktung habe und einen Großteil des Tages gar kein Bus fährt, dann ist das keine Alternative und ein Umstieg auf den ÖPNV undenkbar.
Dann zahle ich trotzdem die hohen Spritpreise und kann das Auto nicht einfach in der Garage stehen lassen.
Mobilität darf nicht das Privileg von wenigen mit einem Zugang sein, auch hier brauchen wir eine Kreativität, die der Verkehrspolitik des Saarlandes in den letzten 8 Jahren gefehlt hat: Smarte Mobilitätskonzepte, wie sie von vielen Start-Ups entwickelt und vielerorts erfolgreich implementiert wurden, vernetzte Fahrpläne mit einer Taktung wie dem Deutschlandtakt und Lösungen für die letzte Meile.
Hier sehen wir noch großen Bedarf fernab von Preismodellen.
Noch gravierender ist die Situation beim Fernverkehr. Wenn die einzige Ambition der neuen Landesregierung beim Fernverkehr eine Direktverbindung des Saarlandes an Luxemburg ist, dann sieht für uns Saarländerinnen und Saarländer mau aus.
Während wir in 2 Stunden mit dem Zug das ca. 400 km Fahrstrecke entfernte Paris erreichen, geht es für die Saarländerinnen und Saarländer innerhalb Deutschlands nur im Schneckentempo voran. Beispiel nötig? Für die 172km Fahrstrecke Saarbrücken – Frankfurt Flughafen braucht man ebenfalls über 2 Stunden, egal ob mit oder ohne Umstieg.
Hier und auch bei unserer Anbindung an Luxemburg, Brüssel und Straßburg muss dringend gehandelt werden, weswegen wir beim Bund eine Million Euro für eine Machbarkeitsstudie zum Thema (grenzüberschreitender) Fernverkehr organisiert haben, die das Ministerium bislang nicht abgerufen hat.
Gerade weil solche Schienenprojekte lange in der Umsetzung dauern, muss bereits heute der Grundstein gelegt und das Projekt angestrebt werden.
Schneckentempo ist das eine, sich gar nicht erst auf den Weg machen, etwas anderes und für die Zukunft des Saarlandes fatal.
Und wie so oft gilt: „Zu viele Köche verderben den Brei“. Das gilt sowohl für die dringend notwendige Tarifreform aufgrund des Tarifdschungels als auch für die aus unserer Sicht sinnvolle Bündelung bei einem Aufgabenträger.
Handlungsbedarfe gibt es also viele, wir erwarten, dass die neue Regierung diese – nicht wie in den 8 Jahren Verkehrsministerin Anke Rehlinger – nun auch anpackt.
Leider lässt sich festhalten, dass die Hälfte des SPD-Wahlprogramms noch nicht einmal die erste Regierungserklärung überlebt hat.
Hoffen wir, dass Ihre Ankündigung, noch Antworten in den nächsten Monaten liefern zu wollen, auch umgesetzt wird.
So auch beim Strukturwandel – der kommt doch nicht von allein und passiert einfach so nach dem Motto: so, hier ist er jetzt mal, dieser Strukturwandel. Den muss man doch aktiv gestalten, mutig Ideen vorantreiben, so wie wir das in über 20 Jahren erfolgreich gemacht haben. Anpacken, statt Abwarten; Vorangehen, statt Zögern und Zaudern.
Das jedenfalls wünschen wir uns von der neuen Landesregierung. Nicht für uns. Sondern für alle Saarländerinnen und Saarländer.
In diesem Sinne:
Glück Auf.