Es war ein Abend, der deutlich machte: Die Bildungskrise beginnt nicht in der Oberstufe, sondern im Sandkasten. Und das Fundament wackelt.
Den Auftakt zum Bildungskongress der CDU-Landtagsfraktion am 19. Mai 2025 machte Mathias Brodkorb, SPD-Politiker, Ex-Kultusminister und Cicero-Autor. Und er legte den Finger unnachgiebig in die Wunde. In seinem Vortrag sprach er von einem „besorgniserregenden Niveauverfall“ des deutschen Schulsystems, das – mit Ausnahme von Bayern und Sachsen – international längst den Anschluss verloren habe. Studien wie PISA und die IQB-Bildungstrends lieferten dafür eine eindeutige Datenlage.
Brodkorbs Analyse vor rund 100 Gästen, vorwiegend aus dem Bildungsbereich: Die kontinuierliche Absenkung der Leistungsanforderungen habe statistisch zwar bessere Abschlussquoten gebracht, jedoch auf Kosten der Qualität. „Wir gaukeln uns Fortschritt vor, indem wir Maßstäbe senken, aber was wir brauchen, ist das Gegenteil: Ehrlichkeit, Anspruch und Strukturen, die wieder fördern und fordern“, so Brodkorb. Es sei eines der größten Probleme der Bildungspolitik, dass Leistung zunehmend politisch entwertet werde.
Anschließend brachte CDU-Fraktionschef Stephan Toscani den Fokus auf die frühkindliche Bildung: „Bildung ist das Fundament unserer Gesellschaft. Ohne sie gibt es weder wirtschaftliche Stärke noch sozialen Aufstieg oder demokratische Stabilität.“ Besonders im Vorschulalter würden Bildungsbiografien geprägt. Sprache, Konzentration, Sozialverhalten bilden sich nicht erst in der Schule aus. Die strukturellen Probleme seien bekannt, so Stephan Toscani, aber sie würden zu oft verschleppt. Die CDU-Fraktion wolle sich dem gezielt widmen, mit konkreten politischen Initiativen, entwickelt gemeinsam mit der Praxis.
Jutta Schmitt-Lang, stellvertretende Fraktionsvorsitzende und bildungspolitische Sprecherin, wurde noch deutlicher: „Die Beitragsfreiheit ist kein Selbstzweck. Was nützt ein kostenfreier Kita-Platz, wenn es an Personal, Qualität und Vertrauen fehlt?“ Sie forderte den konsequenten Ausbau von Kita-Plätzen, nicht nur in der Fläche, sondern auch in der pädagogischen Qualität. Fehlentscheidungen wie die Abschaffung des Programms „Früh Deutsch lernen“ oder der Schulkindergärten wirkten bis heute nach. Ein verpflichtendes Vorschuljahr mit klaren Bildungszielen ist für alle Kinder notwendig, besonders aber für diejenigen mit Sprach- oder Entwicklungsrückständen.
Die anschließende Diskussion zwischen dem Podium und den Expertinnen und Experten im Publikum war ebenso lebhaft wie eindringlich. Erzieherinnen berichteten von Überlastung, Eltern von Versorgungsengpässen, Lehrkräfte von Kindern, deren Sprachkenntnisse, Schulreife oder Grundkompetenzen unzureichend sind. Immer wieder kam die Frage auf: Wie kann ein Übergang von Kita zur Grundschule gelingen, wenn die Strukturen auf beiden Seiten unter Druck stehen?
Die Fachgäste – Prof. Dr. Charis Förster von der htw saar und Dominik Schwer vom Saarländischen Lehrerinnen- und Lehrerverband – forderten im von Frank Wagner moderierten Podiumsgespräch tiefgreifende Reformen: duale Ausbildung für Erzieherinnen und Erzieher, multiprofessionelle Teams, bessere Bezahlung, verlässliche Diagnostik vor der Einschulung. Einigkeit herrschte darüber, dass Qualität und Zugang kein Gegensatz sein dürfen. Beides sei nötig, um echte Bildungsgerechtigkeit zu schaffen.
Die CDU-Landtagsfraktion will die Ergebnisse des Kongresses in konkrete parlamentarische Initiativen überführen. Eine Fortsetzung des Austauschs ist bereits geplant. In die weitere Arbeit fließen auch die Ergebnisse einer interaktiven Umfrage unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Bildungskongresses ein.